Bei vielen Anlieger- und Feldwegen im Außenbereich wird bis an den Wegrand gepflügt. Dabei sind die Wegeflurstücke oft wesentlich breiter als der Weg. Früher wuchsen dort Wildblumen, Kräuter, Sträucher, Bäume. Die Viersener Grünen haben jetzt beantragt, dass es in Zeiten von Klimawandel und Artensterben wieder so werden soll.
Wegraine durchziehen wie ein Netz die intensiv genutzte Agrarlandschaft und stellen – in naturnahem Zustand – Biotopverbundlinien dar, die für Flora und Fauna unersetzlich sind. Hier leben zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, sie dienen vielerlei Insekten, Kleintieren und Vögeln als Lebensraum und als Verbindungsweg zwischen den wenigen noch vorhandenen Biotopen.
„Schaut man sich jedoch die Realität an, sieht es meist anders aus“, stellt Martina Maaßen fest, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat. „Liegen die Wege entlang von landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen, werden viele Wegraine vom Eigentümer oder Pächter des Ackerflurstücks umgepflügt und landwirtschaftlich genutzt.“ Zudem gelangen Dünger und Pestizide auf die Wegraine, so dass sie ökologisch vollkommen wertlos sind.
„Wir haben ein Extrembeispiel gefunden, bei dem beidseitig des Weges Streifen von je 4,5 Meter Breite, die zum Wegeflurstück gehören, als Acker genutzt werden“, sagt Ludwig Mertens, sachkundiger Bürger im Umweltausschuss der Stadt Viersen. „Leider ist davon auszugehen, dass dies kein Einzelfall ist und im Stadtgebiet viele zehntausende Quadratmeter widerrechtlich genutzt werden.“
Bei vielen städtischen Anlieger- und Feldwegen im Außenbereich sind die zu den Wegen gehörenden Flurstücke deutlich breiter als die befestigten Wege. „Dieser Besitz ist Allgemeingut und gehört allen Viersener Bürgerinnen und Bürgern“, erläutert Maaßen. „Die Stadt ist als Trägerin der Straßenbaulast verpflichtet, die Wegraine zu bepflanzen und zu pflegen, wobei dem Naturschutz und der Landschaftspflege Rechnung zu tragen ist.“
Die Grünen haben nun beantragt, dass die Verwaltung die im öffentlichen Eigentum liegenden Wegraine im Außenbereich, die derzeit als Ackerfläche genutzt werden, für die Ziele der Biodiversität zurückgewinnt. „Das geht relativ einfach durch den Abgleich von Katasterkarten mit Luftbildern und die anschließende Prüfung vor Ort“, so Ludwig Mertens. „Zudem ist ein Konzept für die Wiederherstellung und Pflege der Flächen als Biotopverbundlinien zu erstellen.“ Anzustreben sei eine Bepflanzung mit heimischen Kräutern, Wildblumen, Sträuchern, Hecken und Bäumen, eine extensive und abschnittsweise Mahd sowie die Vermeidung von Düngemitteln und Pestiziden auf den Wegrainen.
„Uns ist bewusst, dass diese Maßnahmen nicht von heute auf morgen zu erledigen sind, deshalb soll zunächst ein Zeitrahmen von drei Jahren für die Umsetzung gelten“, räumt Martina Maaßen ein. „Zudem sollen ausdrücklich die Landwirte in das Konzept eingebunden werden. Denkbar ist, dass diese die Bewirtschaftung der Wegraine übernehmen.“
Der Zustand der umgepflügten Wegraine verstoße gegen diverse Gesetze und sei damit justiziabel. „Unser Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem ökologischen Aspekt“ so Mertens. „Gerade vor dem Hintergrund von Klimawandel und Artensterben sind Wegraine, wenn sie denn naturnah sind, von extremer Bedeutung.“
Martina Maaßen resümiert: „Viele Kommunen in NRW gehen dieses Thema in Zusammenarbeit mit Landwirtschaft, Naturschutzverbänden, Jägern und Imkern erfolgreich an. Viersen sollte da nicht zurückstehen.“