Die Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN beantragt
– dem Kreis Viersen die Erarbeitung eines gemeinsamen Konzepts zur Verwertung von privatem Baum- und Strauchschnitt als Energieträger für öffentliche Biomasse-Heizwerke vorzuschlagen. Sie bringt das Vorhaben als gemeinsam umzusetzendes Projekt zur Reduktion von CO2-Emissionen in der Klima-Allianz des Kreises Viersen ein.
– den Bürger*innen die kostenlose Anlieferung von Baum- und Strauchschnitt aus privaten Gärten im Stadtgebiet anzubieten, um Biomasse als Energieträger für ein öffentliches Biomasse-Heizwerk zu gewinnen. Sie richtet dazu Sammelstellen ein, an denen die Bürger*innen ihren Grünschnitt abladen können.
Begründung:
Gemäß einem Ratsbeschluss von November 2019 verfolgt die Stadt Viersen das Ziel, den Pro-Kopf-Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid bis zum Jahr 2035 auf unter zwei Tonnen pro Jahr zu senken. Ein wesentlicher Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung dieses Vorhabens liegt im umfassenden Einsatz erneuerbarer Energien. Einen wichtigen Beitrag dazu kann der Einsatz von Biomasse zur Wärmegewinnung liefern. Biomasse ist nicht nur kostengünstig, sondern schont aufgrund des geschlossenen Kohlenstoff-Kreislaufs auch die Umwelt. So wird bei der Verbrennung nicht mehr Kohlenstoff in die Atmosphäre abgegeben, als die Pflanzen in ihrer Wachstumsphase aus der Luft aufgenommen haben.
Auf diese Technologie setzt die Stadt Viersen bereits mit den von ihr betriebenen Hackschnitzelheizanlagen in drei städtischen Schulgebäuden sowie im technischen Rathaus. Hier wird schon nahezu klimaneutral geheizt und in erheblichem Maße Heizkosten eingespart. Derzeit bleibt allerdings ein großes Potenzial für die Energiegewinnung weiterhin ungenutzt: Jahr für Jahr fallen auf privatem Grund große Mengen an energiereichem Grünschnitt an, die getrocknet und aufbereitet einen hohen Heizwert haben. Nach geltendem Recht handelt es sich um „biologisch abbaubare Abfälle“, für deren Einsammlung die zuständige Kommune die Verantwortung trägt. In Viersen wird Grünschnitt von privaten Grundstücken zurzeit zu den angekündigten Zeiten für die Bürger*innen kostenfrei abgeholt – oder er kann direkt zur Sammelstelle der EGN im Ortsteil Süchteln angeliefert werden, wo er zu Kompost verarbeitet wird. Allerdings ist für die Entsorgung bei Anlieferung eine Gebühr zu entrichten.
Um die privat angefallene Biomasse auch energetisch nutzen zu können, ist allerdings die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem Kreis Viersen erforderlich, in dessen abfallrechtliche Zuständigkeit die Verwertung der eingesammelten Wertstoffe fällt. Hier müssen wir ansetzen! Die Kommunen im Viersener Kreisgebiet haben längst erkannt, dass sie in Sachen Klimaschutz enger zusammenzuarbeiten müssen. Dazu haben sich die Kommunen in einer „Klima-Allianz im Kreis Viersen“ zusammengeschlossen. Auf diese Weise konnten in der Vergangenheit bereits Vorhaben erfolgreich umgesetzt werden, die ohne diesen engen Zusammenschluss nicht möglich gewesen wären. Damit auch das Verarbeiten von privatem Grünschnitt zu Holzhackschnitzeln zwecks klimaneutraler Verbrennung in Biomasse-Heizwerken realisiert werden kann, soll die Stadt Viersen der Kreis-Klimaallianz das Vorhaben als gemeinsame Maßnahme im Rahmen des Integrierten Klimaschutzkonzepts vorschlagen.
Die Vorteile dieser Lösung liegen für uns auf der Hand: Durch das Angebot kostenfreier Sammelstellen beziehen wir die Bürger*innen aktiv in die Energiewende ein, die auf diese Weise ihren Teil zum Schutz des Klimas beitragen können. Zugleich sparen sie Kosten für die Entsorgung von „Abfällen“ ein. Mit Biomasse-Heizwerken setzen wir auf eine ausgereifte und bewährte Technologie, deren Kosten und Nutzen klar kalkulierbar sind. Wie auch durch den Einsatz von Photovoltaik werden durch weitere mit Biomasse betriebene Heizanlagen Energiekosten eingespart und die öffentlichen Haushalte mittelfristig entlastet. Mit der energetischen Nutzung von privatem Baum- und Strauchschnitt wird ein ehemaliges Abfallprodukt einer sinnvollen Nutzung zugeführt. Durch den vermehrten Einsatz erneuerbarer Energie bringen wir den Klimaschutz voran und kommen unserem per Ratsbeschluss erklärten Klimaziel näher. Nutzen wir also die Vorteile, die die Klima-Allianz zwischen Stadt und Kreis Viersen zur effektiven Reduktion von CO2-Emissionen bietet!
Das technische Verfahren, um holziges Grüngut als Brennstoff in einem Heizwerk nutzbar zu machen, ist erprobt und ausgereift. Das Material wird dazu in drei Schritten aufbereitet: Es wird dafür zunächst geschreddert und anschließend zur biologischen Trocknung in einem sechswöchigen Rotteprozess als Miete aufgesetzt, Die Trocknung erfolgt durch Selbsterhitzung des Materials. In einem dritten Schritt wird das Grüngut in drei Fraktionen gesiebt, die entweder dem Grüngut erneut zum Schreddern beigemischt werden, oder als Kompost dienen. Nur das gewonnene „Mittelkorn“ von 20 bis 150 Millimeter Durchmesser wird anschließend als Brennstoff genutzt.
Dieses Verfahren wurde vor über 10 Jahren vom Witzenhausen Institut für die Rhein-Hunsrück Entsorgung entwickelt und wurde kürzlich im Landkreis Nordhausen mit einer baugleichen Anlage übernommen.
Beispiel Rhein-Hunsrück-Kreis:
Die Kommunen des Rhein-Hunsrück-Kreises, der seit 2018 bereits bilanziell klimaneutral ist, betreiben insgesamt 120 Sammelstellen, an denen kostenlos privater Baum- und Strauchschnitt angeliefert werden kann. Ein zentraler Platz dient der Aufbereitung des Materials. Die Aufbereitung und Verwertung nimmt der dafür zuständige kreiseigene Abfallwirtschaftsbetrieb vor. Mit diesem Grünschnitt werden zu Nahwärmeverbünden zusammengeführte öffentliche Gebäudekomplexe wie Schulen, Sporthallen, Hallenbäder und Seniorenwohnheime beheizt. Kommunen, die das Modell an ihren Schulzentren umgesetzt haben, sind beispielsweise Simmern, Kirchberg und Emmelshausen. Insgesamt liegt die jährliche Ersparnis dort im Landkreis bei 800.000 Litern Heizöläquivalent. Eine große Summe an Energieimportkosten verbleibt auf diese Weise in der Region. Auf den Baum- und Strauchschnittplätzen im RHK fallen jährlich über 130.000 Kubikmeter an privatem Grünschnitt und Holzabfällen an, die zu Brennmaterial verarbeitet werden können. Bei der Aufbereitung fallen zudem rund 350 Tonnen Bodenhilfsstoffe an, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden.
Beispiel Landkreis Nordhausen:
Im Auftrag des Landkreises Nordhausen betreiben die Südharzwerke Nordhausen 13 Annahmestellen für Grüngut. Im Kompostwerk des Abfallwirtschaftszentrums Nentzelrode wird der Brennstoff in drei Schritten hergestellt. Der Brennstoff wird der Heizanlage, die mit einem speziellen Brennstoffkessel für unregelmäßigen, strunkigen Brennstoff ausgerüstet ist, hydraulisch, automatisch zugeführt. Hier werden mit 750 Tonnen Grüngut-Brennstoff pro Jahr 400 Tonnen fossiler CO2-Verbrauch eingespart.
Weitere Informationen:
– auf der Website des Rhein-Hunsrück-Kreises:
https://www.kreis-sim.de/Klimaschutz/ Erneuerbare-Energien/Biomasse/
– zur Inbetriebnahme des Biomasse Heizwerks der Südharzwerke Nordhausen am 13. April 2021:
https://www.nnz-online.de/news/news_lang.php?ArtNr=290361