18.07.2023 Pressemitteilung: Grüne Fraktion fordert Erklärung zu Festnahmen im Kirchenasyl

Nach der Festnahme eines kurdischen Ehepaars, das sich im Kirchenasyl der evangelischen Kirchengemeinde Lobberich/Hinsbeck befand, fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Viersen die vollständige Darlegung der Gründe, die die Verletzung bestehender Vereinbarungen zwischen Staat und den Kirchen zum Kirchenasyl rechtfertigen. Die Gemeinde hatte dem aus dem Irak stammenden Paar im Mai dieses Jahres aus besonderen humanitären Gründen Zuflucht gewährt.

„Dieser Fall ist von großer Tragweite und hat bundesweit zu Recht für Empörung gesorgt. Es ist nicht hinnehmbar, dass zwei Menschen, die durch Bedrohung im Heimatland und anschließende Fluchterfahrungen schwer traumatisiert sind, ohne Vorwarnung oder vorangehende Konsultation aus dem geschützten Raum einer christlichen Gemeinde gerissen werden. Das Vorgehen des Viersener Ausländeramtes verletzt die zwischen staatlichen Institutionen und den Kirchen über das Kirchenasyl getroffenen Vereinbarungen in ganz erheblicher Weise. Wir fordern von der Bürgermeisterin und dem Koordinationsbereich Ausländerangelegenheiten eine umfassende und klare Begründung für diese drastische Maßnahme“,

erklärt Fraktionssprecher Jörg Eirmbter-König.

Annika Enzmann-Trizna, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, ergänzt:

„Auch wenn der Verwaltung kein formaler Verstoß gegen geltendes Recht vorgeworfen werden kann, so überschreitet die Festnahme von Menschen, die sich in den Schutz einer christlichen Gemeinde geflüchtet haben, eine moralische Grenze. Nach diesem Vorfall können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen! Das Vorgehen des Viersener Ausländeramtes am 10. Juli ist bundesweit der erste Fall einer Festnahme aus dem Kirchenasyl seit dem Jahr 2014. In allen anderen deutschen Kommunen wird Kirchenasyl also respektiert – in Viersen aber offenbar nicht. Die Verwaltung muss sich dazu erklären. Der einfache Verweis auf datenschutzrechtliche Bestimmungen reicht hier nicht aus.“

Kirchenasyle haben in der Bundesrepublik eine lange Tradition und werden in der Regel aus humanitären Gründen, aus Respekt vor der Institution Kirche und aus geschichtlicher Verantwortung von den zuständigen Ausländerbehörden respektiert. Flüchtlinge werden dabei vorübergehend von einer Kirchengemeinde aufgenommen, um eine für die körperliche oder seelische Gesundheit bedrohliche Abschiebung zu verhindern. Bezweckt wird eine Wiederaufnahme oder erneute Überprüfung des Verfahrens durch die zuständige Behörde.

Der Versuch, beide Ehepartner nach Polen abzuschieben, wurde aus medizinischen Gründen durch die zuständige Bundespolizei gestoppt. Seitdem befindet sich das aus dem Irak stammende kurdische Ehepaar in Abschiebehaft.

 

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