Die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN beantragt, die Ausweisung neuer sowie die grundlegende Umnutzung und Neu-Ausweisung bestehender Siedlungsflächen (Wohnen, Industrie und Gewerbe) ab sofort an die Errichtung lokaler Nahwärmenetze zur Versorgung der angeschlossenen Haushalte und Unternehmen mit Heizwärme zu knüpfen, die durch erneuerbare Energien gewonnen wurde.
Zur Unterstützung dieser Planungen ist ein kommunaler Nahwärmeplan für die Stadt Viersen zu erstellen. Die Stadt Viersen stellt dazu bis zum 31.12.2023 einen Antrag zum aktuellen Förderaufruf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz auf Übernahme von 90 Prozent der förderfähigen Gesamtausgaben. Die Mittel für den verbleibenden Eigenanteil werden dafür im städtischen Haushalt bereitgestellt.
Begründung:
Viersen hat mit der 2018 fertiggestellten Klimaschutzsiedlung Oststraße zwar schon punktuell einen hohen Standard gesetzt. Es fehlt aber an einem gesamtstädtischen Plan für eine klimaneutrale Wärmeversorgung nach der Energiewende. Wenn wir die Selbstverpflichtung des Stadtrats vom 12. November 2019 ernst nehmen, sollten wir die Planung sämtlicher Siedlungsflächen ab sofort an den Kriterien des Klimaschutzes ausrichten. Idealerweise sollten sämtliche Wohn-, Gewerbe- und Industriegebiete dafür mittel- bis langfristig durch ein Nahwärmenetz auf regenerativer Basis mit Heizenergie versorgt werden. Bereits kurzfristig sollte dies für neu auszuweisende Plangebiete gelten.
Wärmeversorgung schlägt mit rund der Hälfte des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs zu Buche. Hier liegt enormes Potenzial zur Vermeidung von Treibhausgasen, um die im Pariser Abkommen gesteckten Klimaziele doch noch zu erreichen. Mit der Einrichtung von Fern- oder Nahwärmenetzen auf der Basis erneuerbarer Energien können die Kommunen viel zu dazu beitragen. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, müssen diese allerdings die ihnen übertragene Satzungshoheit der Bauleitplanung im Sinne der Energiewende konsequent, durchgehend und dauerhaft anwenden.
Unterstützung dafür kommt vom Bund: Das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit Wirkung zum 01. November 2022 die Kommunalrichtlinie erweitert und hilft Kommunen dabei, den Prozess der Wärmewende anzustoßen. Danach können Kommunen auf Antrag bis zum 31.12.2023 die Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung mit 90 Prozent der eingesetzten Mittel fördern lassen. Bei der Aufstellung eines kommunalen Nahwärmeplans ermittelt ein beauftragter Dienstleister den zu erwartenden Wärmebedarf und stimmt diesen mit einer auf erneuerbaren Energien beruhenden Wärmeversorgungsinfrastruktur ab. Bestandteile eines Wärmeplans sind neben einer Bestandsanalyse auch eine Energie- und eine Treibhausgasbilanz. Dazu gehört außerdem eine Potenzialanalyse zur Ermittlung von Energieeinsparpotenzialen sowie zur Ermittlung von lokalen Potenzialen von Erneuerbaren Energien.
Hilfreich in diesem Zusammenhang ist die geothermische Potenzialanalyse, die der Geologische Dienst NRW im vergangenen Oktober im Auftrag des Landesministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie auch im Viersener Stadtgebiet durchgeführt hat, um eine geothermale Charakterisierung des Untergrundes durchzuführen. Die Seismik-Kampagne kann eine wertvolle Grundlage für den Ausbau einer nachhaltigen Nahwärmeversorgung durch Tiefengeothermie bieten. Größere Siedlungsbereiche vor allem westlich der Süchtelner Höhen könnten mit dieser unabhängigen Energieform zuverlässig und kostengünstig versorgt werden. An anderer Stelle könnten entsprechend groß dimensionierte Wärmepumpen mit Sole/Wasser- oder Luft/Wasser-Technologie mit angeschlossenem Eisspeicher eine mögliche technische Lösung bieten.
Es ist an der Zeit, dass die Stadt die Neuausrichtung der Energieversorgung mit größerem Nachdruck angeht. Mit dem Ausbau der Nahwärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energien können wir in Viersen einen entscheidenden Schritt in Richtung klimaneutraler Energienutzung gehen. Einige Bundesländer wie Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg sehen bereits heute eine gesetzlich verpflichtende kommunale Wärmeplanung vor. In Nordrhein-Westfalen stellt der Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung fest: „Der Einsatz Erneuerbarer Energien für die Wärmeversorgung erfordert in den Kommunen eine Umstellung auf eine netzgebundene Wärmeversorgung. Dazu ist eine strategische Wärmeplanung notwendig. Kommunale Wärmepläne sollen zu Investitionsentscheidungen aus einer umfassenden Perspektive führen und für ganze Siedlungen oder Ortsteile sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen sowie den passenden Mix aus Effizienzmaßnahmen und Wärme-/Kälteplanung identifizieren.“
Auch die neue Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz, die NRW.Energy4Climate GmbH, wirbt für die Erstellung kommunaler Wärmepläne: „Der kommunale Wärmeplan definiert die langfristige Strategie zur Verwirklichung einer klimaneutralen Wärmeversorgung in der ganzen Kommune.“ Sie unterstützt Kommunen bei der kommunalen Wärmeplanung durch Bereitstellung von Informationen, Initialberatungen und durch Hilfestellung zu Fördermitteln.
Um auf dem Weg zur Klimaneutralität keine Zeit zu verlieren, sollte Viersen umgehend damit beginnen, die Weichen für eine systematische, effiziente und bezahlbare Wärmewende zu stellen – selbst, wenn eine verpflichtende gesetzliche Grundlage in Nordrhein-Westfalen noch nicht besteht.
Ergänzend wäre darauf hinzuweisen, dass die Stadt Viersen über die NEW Kommunalholding GmbH an der Stadtentfalter Holding GmbH beteiligt ist, die die klimaneutrale Entwicklung städtischer Quartiere als Geschäftsmodell betreibt. Es bleibt zu hinterfragen, warum diese ausgewiesene Expertise im unmittelbaren räumlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeld für die weitere Entwicklung unserer Stadt bislang nicht genutzt wurde.